Mit dem Bau der mittleren Brücke, der ersten Rheinbrücke zwischen Bodensee und Meer, entwickelte sich ab 1225 das Fischerdorf Kleinbasel zu einer Stadt. Um diese Zeit entstanden die Drei Ehrengesellschaften Kleinbasels. Die Flösserei war damals ein wichtiger Erwerbszweig. 2 Schiffe dienten als Träger für das mit Brettern zusammengebundene, manövrierfähige Floss, auf dem Personen und Waren transportiert wurden.
Als ich in den 1950er Jahren Ueli war, wurde das Wild Ma Floss auf Steinweidlingen aufgebaut. Die waren länger als gewöhnliche Weidlinge. In Basel gab es 2 solcher Schiffe. Eines gehörte dem Baudepartement, das andere dem legendären Münsterfährimaa Karl Städeli. Sein Schiff dümpelte ganzjährig am Grossbasler Ufer zwischen Wettsteinbrücke und Pfalzbadhysli und wurde nur noch für das Wild Ma Floss eingesetzt.
In den 1970er Jahren wurde ich Spielchef der 3E. Das fing gleich mit einer Hiobsbotschaft an. Der damalige Flosskapitän, Thedy Huber, meldete, dass die Steinweidlinge nichts mehr taugen, weil das Holz weich wie ein Schwamm geworden sei. Ein weiterer Einsatz für das Wild Ma Floss wäre zu riskant und unverantwortlich gewesen.
In dieser vertrackten Situation halfen uns die Kleinbasler Wasserfahrvereine mit ihren Langschiffen. Sie holten in der Adventszeit die schweren Holzschiffe aus dem Winterlager und setzten sie zum verlechnen in den Rhein. Dabei saugt das trockene Holz Wasser auf und die Ritzen werden wieder dicht. Etwas einfacher wurde es für den WFV Fischerclub, der als erster ein Langschiff aus Kunststoff baute, das nicht mehr aufwendig verlechnet werden musste. Während vieler Jahre konnten wir uns auf unsere treuen und zuverlässigen Freunde von den Wasserfahrvereinen verlassen. Auch heute noch verbindet uns eine herzliche Freundschaft.
Ein Wunsch von uns war, die Wasserfahrvereine zu entlasten und über eigene Schiffe zu verfügen. Mitte 80er Jahre war es soweit. Dank guten Beziehungen zu militärischen Stellen durften der Flosskapitän, ein erfahrener Wasserfahrer und ich zu den Pontonieren nach Brugg an die Aare fahren und uns was aussuchen. Das waren 4 ausgemusterte Armee Übersetzboote. Bootsbauer Waldmeier in Mumpf baute daraus zwei Flosseinheiten. Als es soweit war fragten wir unseren Kleinbasler Künstler, Freddy Oettli, ob er einen Entwurf für die Bemalung der Boote und auch deren Bemalung übernehmen könne. Freddy malte tagelang und aus den grauen Schiffen wurden herrliche Bijoux. Der Entwurf für die Bemalung hängt schön gerahmt bei mir zu Hause. Darüber schrieb er: Fille was mainsch, isch es rächt eso? Die Jungfernfahrt wurde zum Riesenfest für uns Spielleute. Wir hatten es geschafft.
Der Stephanstag 1989 war kein guter Tag für uns. Die Boote lagen zum verlechnen zwischen Eisenbahn- und Autobahnbrücke im Rhein. Dann die schockierende Entdeckung. Eines der Schiffe war bereits unter Wasser, das andere fast randvoll mit Wasser. Vandalen hatten unseren Stolz mit schweren Betonelementen von der Brücke aus bombardiert und kaputtgeschlagen.
Weil die Zeit bis zum Vogel Gryff kurz war, wurde in Tag und Nachtarbeit eine Notreparatur gemacht. Der ausgeschlagene Boden wurde mit Blech und Kitt belegt und provisorisch abgedichtet. Nach der Talfahrt stand das Wasser bei der Landung etliche Zentimeter hoch und unsere Flossgäste, Kanoniere und Schiffsleute hatten buchstäblich nasse Füsse bekommen. Die Untersuchung zeigte dann, dass eine Reparatur unmöglich war und das Verdikt lautete: Entsorgung.
Meine Freunde und Fachleute rieten mir, Schiffe aus dem neuen Kunststoff Verbundmaterial zu beschaffen. Wir sprachen mal mit Bootsbauer Sigi Meier in Dintikon. Dieser hatte Erfahrung mit dem neuen Bootsbaumaterial und konnte uns auch sagen, mit was wir etwa rechnen müssten. Mit einem fünfstelligen Betrag im sehr hohen Bereich. Mir war klar, das können wir uns nie leisten. Meine Vogel Gryff Freunde haben mich dann angestachelt. Gib nicht auf, du bringst das fertig. Ich machte Listen möglicher Sponsoren, führte auch mal erste Gespräche. Konkret ergab sich nicht viel. Bis das Wunder am Fasnachtsdienstag 1990 geschah.
Unser Zyschdigszigli machte Halt am Spalenberg. In der Confiserie Kämpf wurden wir verwöhnt. Unter den Gästen auch ein Mann, den ich von anderer Gelegenheit her kannte. Georg Schnell, GD beim damaligen Bankverein. Wir unterhielten uns auch über die Sache mit dem Wild Ma Floss. Georg wollte wissen, was wir nun machen. Ich erzählte von unseren Plänen mit der Sponsorensuche. Nach kurzem Überlegen meinte er: Mach jetzt mal gar nichts. Melde dich in ein paar Tagen bei mir, dann wollen wir weitersehen.
Das Telefon kam bald. Hast du nächste Woche über Mittag Zeit? Ich stelle dich dann unseren zuständigen Kollegen vor, du hältst einen Vortrag über den Vogel Gryff und deine Idee mit den Kunststoff Flosseinheiten. Mit etwas schlottrigen Knien hielt ich vor den hohen Herren meinen Vortrag, der sichtlich gut ankam. Dann musste ich das vornehme Sitzungszimmer verlassen und draussen warten. Nicht lange. Die Tür ging wieder auf. Kommen sie rein. Dann sagte der Chef: Herr Lehr, sie haben uns überzeugt. Bestellen sie das neue Wild Ma Floss.
Seitdem haben wir wunderschöne und solide Flosseinheiten, die uns viele Jahrzehnte zuverlässige Dienste leisten werden. Rund um das Wild Ma Floss und über den Vogel Gryff gäbe es noch viel zu erzählen. Vielleicht ein anderes Mal.
Fille Lehr, Alt Spielchef Vogel Gryff